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Ausbeutung in der Weiterbildung

bei Ärzten

bei Psychotherapeuten

 

Der Deutsche Ärztetag wendet sich in einer seiner Entschließungen gegen die

Ausbeutung in der Weiterbildung

 Unterbindung der Ausbeutung der Arbeitskraft von Ärztinnen und Ärzten in der Weiterbildung

Krankenhausträger, Verwaltungsdirektoren, Chefärzte sowie auch die Aufsichtsbehörden der Länder werden aufgefordert, den Missbrauch der Abhängigkeit insbesondere junger angestellter Ärztinnen und Ärzte durch Ausbeutung ihrer Arbeitskraft zu unterbinden. So sind nach wie vor grobe Verstöße gegen das schon 1996 in Kraft getretene Arbeitszeitgesetz in den Krankenhäusern die Regel.

Im niedergelassenen Bereich werden die Kolleginnen und Kollegen aufgefordert, ihre angestellten Ärztinnen und Ärzte angemessen zu vergüten. Insbesondere ist im Bereich der allgemeinmedizinischen Weiterbildung der Missbrauch zu verurteilen, nicht die volle dreiteilige Vergütung von KV, Kasse und Arbeitgeber an die angestellten Ärztinnen und Ärzte auszubezahlen.

Ferner werden alle Ärztekammern aufgefordert, eine Vertrauensperson/Ombudsperson zu bestellen, die unter Einhaltung der Verschwiegenheit den Hilfe suchenden Assistenzärztinnen und Assistenzärzten zur Verfügung stehen. Ebenso müssen bekannt gewordene, von den Weiterbildungsbefugten zu vertretene Missstände im Hinblick auf die Situation der Weiterbildungsassistentinnen/ assistenten berufsrechtlich bis zum Entzug der Weiterbildungsbefugnis geahndet sowie neue Konzepte zur Bekämpfung der Ausbeutung von Weiterbildungsassistentinnen/assistenten entwickelt und umgesetzt werden. Die Ergebnisse dieser Aktivitäten müssen vermehrt in die Öffentlichkeit getragen werden.

Einer der nächsten Deutschen Ärztetage soll sich umfassend mit den Problemen der Ausbeutung junger Ärztinnen und Ärzte als zentrales berufspolitisches Thema befassen.

 Begründung:

Die Situation der jüngeren Ärztinnen und Ärzte in den Krankenhäusern ist bedrückend und nicht mehr tolerabel. Willkürlich befristete Arbeitsverträge, Erfüllung der in der Weiterbildungsordnung geforderten Leistungen vorwiegend außerhalb der regulären Arbeitszeit und Reduzierung der Arztstellen wegen Steigerung des Kostendrucks durch Budgetierung führen bei vielen jungen Ärztinnen und Ärzten zu einer unerträglichen Arbeitsbelastung sowie zu zahllosen unbezahlten Überstunden. Aufgrund der Angst der Assistenten und Assistentinnen vor dem Verlust ihres Arbeits-/Weiterbildungsplatzes oder vor Konsequenzen für die berufliche Zukunft ist kaum jemand in der Lage, sich gegen diese Ausbeutung aufzulehnen (Deutsches Ärzteblatt 2000; A-671-675, Frankfurter Rundschau vom 22.1. 2000). Deswegen bedarf es der Intervention der verantwortlichen Stellen, diese unhaltbaren Zustände zu ändern, welche zudem nicht nur das Berufs-, sondern auch das Familienleben stark belasten.

 

 

Aus- und Weiterbildung der Psychologischen Psychotherapeuten und KJP

Das oben wiedergegebene Problem der Ärzte in Weiterbildung wird auch ein Thema der neu zu bildenden Psychotherapeutenkammern sein müssen.

Unter dem Aspekt der Qualitätssicherung und den Forderungen von regionalen und überregionalen Fachgesellschaften entwickeln einzelne Weiterbildungsinstitutionen einen immer weiter nach oben strebenden Standard an. Ausbildungsinhalte werden vermehrt, geforderte Stundenzahlen für Lehrtherapien, Lehranalysen, Supervisionen pauschal in die Höhe geschraubt. Die dabei geforderten Ausbildungskosten und Honorarleistungen entziehen sich vielfach äußerer Kontrolle. Vergleichende Studien zu den Beziehungen von Ausbildungsanforderungen und Ausbildungserfolg liegen weithin nicht vor.

Vielfach ist eine Tendenz zu beobachten, die Mindestanforderungen der Ausbildungsrichtlinien abzuwerten und deshalb institutionell zu erweitern.

Erkenntnisse aus der Curriculumforschung, wonach die spätere individuelle Weiterbildungsmotivation bei minimalen Ausbildungszeiten stärker ist als bei verlängerten Ausbildungszeiten, werden selten zur Kenntnis genommen.

Da die psychotherapeutische Ausbildung weithin nebenberuflich erfolgt, führt sie zu einer häufig unzumutbaren Arbeitsbelastung der auszubildenden Kolleginnen und Kollegen. Soweit die Ambulanzen der Ausbildungsstätten innerhalb der vertragsärztlichen und vertragspsychotherapeutischen Versorgung der GKV tätig sind, geraten die Auszubildenden bei der derzeitigen Budgetierung in den Bereich der Armutsgrenze.

Kann bei der ärztlichen Weiterbildung in den Krankenhäusern mit Verletzungen des Arbeitszeitgesetzes gedroht werden (siehe oben - Ärztliche Weiterbildung -), ist der psychologisch-psychotherapeutisch Auszubildende hinsichtlich seines Zeitbudgets oft der Willkür ausgeliefert.

Deshalb sollten die Psychotherapeutenkammern als eine ihrer ersten Aufgaben so etwas wie ein "Ausbildungszeitgesetz" anstreben, nach dem sich die Ausbildungsstätten richten müßten und das ihnen auferlegt, die reale und humane Erfüllbarkeit ihrer Ausbildungsanforderungen ständig zu überprüfen. 

Berliner Blätter für Psychoanalyse und Psychotherapie/bö/20.5.2000


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