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Psychotherapie nach dem Beihilferecht

 

 

Deutscher Bundestag

14. Wahlperiode

Drucksache 14/3656  

23.06.2000  

 Antwort

der Bundesregierung

auf die Kleine Anfrage der Abgeordneten Eva-Maria Kors, Wolfgang Lohmann (Lüdenscheid), Dr. Wolf Bauer, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der CDU/CSU

Drucksache 14/3566

Psychotherapie nach dem Beihilferecht

Das in seinem Hauptteil am 1. Januar 1999 in Kraft ,getretene. Psychotherapeutengesetz hat die Berufe des psychologischen Psychotherapeuten und Kinder und Jugendlichenpsychotherapeuten in das Gesundheitswesen Deutschlands eingeführt und deren Approbation geregelt. Dem Gebot der beruflichen Gleichstellung von approbierten Psychologen und Ärzten hat das Beihilferecht bislang nicht ausreichend Rechnung getragen. Im Beihilferecht des Bundes gilt noch eine Übergangsregelung, wonach Leistungen der psychologischen Psychotherapeuten nur dann beihilfefähig sind, wenn die Behandelnden eine KBV anerkannte Ausbildung nachweisen oder am ehemaligen Delegationsverfahren teilgenommen haben.

 

1. 

Wie begründet die Bundesregierung es, dass diejenigen psychologischen Psychotherapeuten, die nach der Übergangsvorschrift des § 12 Abs. 2, 3 und 4 des zum 1. Januar 1999 in Kraft getretenen Psychotherapeutengesetzes eine Approbation erhalten und aufgrund dieser Approbation eine Zulassung zur Teilnahme an der vertraglichen Versorgung der Versicherten der GKV nach § 95 Abs. 10 SGB V erhalten haben, keine beihilfeberechtigten Personen mit der Folge eines Erstattungsanspruches behandeln können?

Eine Konsequenz der Eigenständigkeit des Beihilferechts als Krankensicherungssystem ist es, dass die Voraussetzungen, unter welchen Aufwendungen fair psychotherapeutische Leistungen als beihilfefähig ausgewiesen sind, grundsätzlich unabhängig sind von den Regelungen, die für die gesetzlichen Krankenversicherungen gelten. Regelungen wie die des § 95 Abs. 10 SGB V über die Zulassung zur vertragsärztlichen Versorgung haben keine unmittelbare Auswirkung auf das Beihilferecht. Die Kriterien für die Zulassung zur vertragsärztlichen Versorgung nach § 95 Abs. 10 SGB V sind nicht identisch mit dem im Beihilferecht geforderten Fachkundenachweis. Im Rahmen der notwendigen Anpassung der Beihilfevorschriften (BhV) des Bundes wird auch zu entscheiden sein, ob an den bisherigen beihilferechtlichen Voraussetzungen festgehalten oder ob die Zulassung zur vertragsärztlichen Versorgung künftig als eine Voraussetzung der Beihilfefähigkeit eingeführt werden soll.

2.

Wie beurteilt die Bundesregierung die Tatsache, dass nach der Abschaffung des Delegationsverfahrens, die alle Fraktionen des Deutschen Bundestages begrüßt haben, nach dem Beihilferecht des Bundes für die Beurteilung der Qualifikation des psychologischen Psychotherapeuten weiterhin die Bestimmungen des Delegationsverfahrens gelten sollen und nicht die der Bestimmungen des § 95 Abs. 10, 11 und § 95c SGB V?

Wie in der Antwort zu Frage 1 ausgeführt, gelten die Bestimmungen des SGB V, damit § 95 Abs. 10 und 11 und § 95c SGB V, generell nicht für das Beihilferecht. Im Übrigen ist unabhängig davon mit Inkrafttreten des Psychotherapeutengesetzes (PsychThG) das Delegationsverfahren auch im Beihilferecht des Bundes und der Länder für gegenstandslos erklärt worden.

3.                  

Wie begründet die Bundesregierung die Tatsache, dass im Gegensatz zu allen anderen Beihilfeberechtigten die Polizeivollzugsbeamten im Bundesgrenzschutz auch psychologische Psychotherapeuten zu einer psychotherapeutischen Behandlung aufsuchen können, die ohne eine KBV anerkannte Ausbildung nach § 95 Abs. 10 bzw. 11 SGB V zur vertragspsychotherapeutischen Versorgung zugelassen oder ermächtigt sind?

Den Polizeivollzugsbeamtinnen und -beamten im BGS wird Heilfürsorge gewährt. Sie berücksichtigt, soweit bundesgrenzschutzspezifische Besonderheiten nicht entgegenstehen, die Bestimmungen des SGB V, die auch Grundlage für die Durchführung psychotherapeutischer Behandlungen sind. Somit finden auch die Psychotherapierichtlinien des Bundesausschusses der Ärzte und Krankenkassen über die Durchführung einer tiefenpsychologisch fundierten und einer analytischen Psychotherapie sowie einer Verhaltenstherapie die Überweisung nur an einen in der vertragsärztlichen Versorgung behandlungsberechtigten Arzt, psychologischen Psychotherapeuten oder Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeuten vorgenommen werden darf.

4.                      

Erkennt die Bundesregierung, dass durch die unterschiedliche Behandlung der gleichartigen Leistungen von ärztlichen und psychologischen Psychotherapeuten, sofern beide aufgrund ihrer Qualifikationen im Arztregister eingetragen sind und über eine Kassenzulassung verfugen, zwischen Versicherten der GKV und Beihilfeberechtigten nicht nur ein „Klassenunterschied" herbeigeführt wird, sondern auch eine Rechtsunsicherheit bei beihilfeberechtigten Patienten zu der Frage erzeugt wird, wessen Behandlungskosten durch die Beihilfebestimmungen anerkannt werden?

Nein. Die in berufsrechtlicher Hinsicht besitzstandwahrenden Regelungen des § 95 Abs. 10 und 11 SGB V haben diejenigen - ehemals - Diplompsychologen zur vertragsärztlichen Versorgung unmittelbar zugelassen, die bereits seit vielen Jahren an der psychotherapeutischen Versorgung der gesetzlichen Krankenversicherungen insbesondere im Wege der Kostenerstattung nach § 13 Abs. 3 SGB V - zum Ausgleich von Unterversorgung - teilgenommen haben. Den Regeln des Kassenbereichs mit gesetzlichem Versorgungsauftrag ist das Beihilferecht nie gefolgt, ein Ausgleich etwaiger Unterversorgung stand nie zur Debatte. Mangels Notwendigkeit wurde im Beihilferecht zu keinem Zeitpunkt von den derzeit im Beihilferecht normierten Qualifikationsvoraussetzungen abgewichen. Leistungen von Diplompsychologen, die diese Qualifikationsvoraussetzungen nicht erfüllten, wurden entgegen der Verfahrensweise im Bereich der gesetzlichen Krankenversicherungen zu keiner Zeit im Beihilferecht anerkannt. Dieser seit Jahren bestehende und nie ernsthaft bemängelte Unterschied bleibt durch die derzeitige Rechtslage vorerst bestehen. Von einer „Herbeiführung von ,Klassenunterschieden`" kann insofern keine Rede sein. Die Frage, ob Kosten für eine psychotherapeutische Behandlung als beihilfefähig anerkannt werden, wird abschließend in einem - dem Antragsverfahren der gesetzlichen Krankenversicherungen entsprechenden - Voranerkennungsverfahren durch Gutachter überprüft. Rechtsunsicherheit kann daher nicht entstehen.

5.

Wie begründet die Bundesregierung die Tatsache, dass nach den Beihilferegelungen einerseits die Behandlungskosten für Leistungen wissenschaftlich ausgebildeter und über eine gesetzliche Zusatzqualifikation verfügende psychologische Psychotherapeuten mit Kassenzulassung nach dem Beihilferecht nicht erstattet werden, wenn andererseits Kosten für Behandlungen durch Heilpraktiker (wenn auch nicht für Psychotherapie) erstattet werden?

Der Verweis auf die Beihilfefähigkeit von Leistungen der Heilpraktiker fährt nicht weiter. Denn im Rahmen der notwendigen Anpassung der Beihilfevorschriften (BhV) des Bundes wird - wie zu Frage 1 erläutert - erst zu entscheiden sein, ob an den bisherigen beihilferechtlichen Voraussetzungen überhaupt festgehalten wird und welche Qualitätserfordernisse als Voraussetzung für die Beihilfefähigkeit von Leistungen psychologischer Psychotherapeuten normiert werden.

6. 

Wann beabsichtigt die Bundesregierung, die durch die Neuregelung des Psychotherapeutengesetzes in der GKV geltenden Bestimmungen auch im Beihilferecht umzusetzen?

In der zweiten Jahreshälfte 2000 werden voraussichtlich die erforderlichen Ressortabstimmungen abgeschlossen und die durch das PsychThG notwendig gewordenen Anpassungen im Beihilferecht des Bundes vorgenommen werden können.  

 

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