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Die Berliner Blätter für Psychoanalyse und Psychotherapie danken dem bvvp für die schnelle Stellungnahme zu den Kampfansagen der KBV gegen eine angemessene Honorierung psychotherapeutischer Leistungen.



 


bvvp Bundesverband der Vertragspsychotherapeuten  e.V.                   

Dr. Frank Roland Deister
1. stellv. Vorsitzender
Referat Presse- und Öffentlichkeitsarbeit
Kurhessenstraße 127
60431 Frankfurt am Main
Tel./Fax: (069) 521617
E-Mail: deister@bvvp.de

den 17.2.2000

 

 bvvp-Pressemitteilung 00/3:

Der bvvp wird nicht hinnehmen, daß KBV und Kassen über Recht und Gesetz hinweggehen!

Durch fragwürdige Rechentricks versucht die Kassenärztliche Bundesvereinigung (KBV) mit Unterstützung der Kassen, die Psychotherapeuten im Jahr 2000 um die Früchte des Urteils des Bundessozialgerichts (BSG) zu bringen. Unfrieden in den Kassenärztlichen Vereinigungen (KVen), zahllose Rechtsstreitigkeiten, aber leider auch bundesweites Praxissterben werden Folgen sein.

Normalerweise bestimmt nicht der Verurteilte, ob das Strafmaß angemessen ist. Anders bei der KBV: Aufgrund ihrer innerärztlichen Verteilungsprobleme und Machtverhältnisse ist ihre Führung auf einen Trick verfallen, um die Psychotherapeuten um ihre höchstrichterlich zugesprochenen Honorare zu bringen und den KVen Umverteilungen in Milliardenhöhe zu ersparen! Im August 99 hatte das Bundesozialgericht (BSG) letztinstanzlich festgestellt, daß die Psychotherapeuten im Rahmen der kassenärztlichen Honorarverteilung jahrelang ungerechtfertigt benachteiligt worden sind, und durch Festlegung eines Mindesthonorars (Punktwert 10 Pfennig x 1450 Punkte pro Behandlungstunde = 145,- DM) nicht nur umfangreiche Nachzahlungsverpflichtungen verfügt, sondern dies auch - mittelbar - für das Jahr 2000 als gültiges Recht definiert. Die KBV-Führung ist aber offensichtlich nicht bereit, im laufenden Jahr den für eine Praxisführung als notwendig erkannten Mindestpunktwert von 10 Pfennig auch wirklich - d.h. zur Verfügung der Psychotherapeuten - zugrundezulegen und begründet dies damit, daß die vom Gericht angenommenen - auf KBV-Angaben beruhenden - Praxiskosten viel zu hoch seien. Ein erstes Konzept der KBV, das dem Bewertungsauschuß von KBV und Kassen zur Absegnung vorgelegt werden sollte, sah daher ein mehr als 30% niedrigeres Stundenhonorar mit einem Punkwert von nur 6,87 Pfennig (= 99,62 DM pro Behandlungsstunde) vor, der somit noch unter dem gerichtlich beanstandeten Niveau von 1993 lag! Die erwünschte Absenkung des Punktwerts ergab sich im wesentlichen dadurch, daß die KBV den einzubeziehenden Praxiskostenanteil einfach den existenzbedrohten Sparpraxen des Jahres 1998 entnahm, ihn so auf ein Drittel des vom Gericht zugrundegelegten Anteils herunter- und zudem das als Vergleichsmaßstab angeführte Hausarzteinkommen kleinrechnete. Aufgrund der Interventionen und Proteste der AGR (Arbeits­gemeinschaft der Richtlinienverbände), des Fachausschusses „Psycho­therapie“ und - nicht zuletzt - des bvvp hatte die KBV diese Berechnung zunächst zur Überprüfung zurückgezogen, sich dann aber entschlossen, mit Modifikationen an dem Konzept festzuhalten. In der neuen Version, die nunmehr vom Bewertungsausschuss am 16.2. verabschiedet wurde, werden - durch Einführung eines Multiplikationsfaktors - die psychotherapeutischen Praxiskosten jetzt zwar geringfügig höher angesetzt, aber nach oben begrenzt, so daß von einem Punktwert ausgegangen werden muß, der - je nach Region - nur zwischen 7 und 8 Pfennigen liegen wird. Damit wird dann der höchstrichterlich festgelegte Mindestsatz um 20-30% unterschritten, und Geld, das noch 1998 den Psychotherapeuten zufloss, wird wieder auf andere Arztgruppen verteilt!

Der bvvp wertet diese Entscheidung faktisch als Fehdehandschuh der KBV für die Psychotherapeuten. Er ist empört über die Ignoranz, Kurzsichtigkeit und einseitige Klientelpolitik, mit der die KBV-Führung hier nicht nur über Recht und Gesetz hinweggeht, sondern auch über die berechtigten Interessen einer jahrzehntelang benachteiligten Berufsgruppe, die die KBV genau wie alle anderen Arztgruppen zu vertreten hat. Er ist ebenfalls empört über die Bedenkenlosigkeit der Kasssen, die hier mitspielen und die psychotherapeutische Versorgung ihrer Versicherten gefährden. Auch die korrigierte, jetzt verabschiedete Berechnung entbehrt jeglicher Solidität, da weiterhin für die Praxiskostenanteile der Psychotherapeuten andere Maßstäbe gelten sollen als für andere Arzt­gruppen, und immer noch die aus einer ungerechten - höchstrichterlich beanstandeten - Vergütung mit entsprechender Notlage entstandenen „Wohn­zim­mer­-Praxen“ mit extrem niedrigen Kosten als Maßstab für maximal ausgelastete, nur mit Hilfspersonal und optimierter Ausstattung zu betreibende Praxen gelten sollen, und daraus dann die Punktwerte für alle errech­net werden. Solche Rechen­tricks werden einer rechtlichen Nachprüfung keinesfalls standhalten, und die KVen werden die hier zu erwartenden Nachzahlungen und künftigen Finanzierungen letztlich ohne Beteiligung der Kassen alleine - durch Umverteilung - übernehmen müssen!

Ein derart widerrechtlicher Beschluß des Bewertungsausschusses und seine absehbaren Folgen werden in der Öffentlichkeit und bei der Politik das letzte Vertrauen in die Selbstverwaltung zerstören und in der Konsequenz zu einem bundesweiten Praxissterben führen. Der bvvp fordert daher den KBV-Vorstand, die KVen und die Kassen mit äußerstem Nachdruck auf, umgehend zu ei­ner Politik der Kooperation und Besonnenheit zurückzukehren, mit der man gemeinsam versuchen kann, die finanziellen Probleme durch Verhandlungen und politische Weichenstellungen zu lösen - und nicht statt­dessen unnötig und erneut jahrelange Rechtsstreitigkeiten auf dem Rücken der um ihr Überleben kämpfenden Psychotherapie-Praxen zu provozieren.

Die Fortsetzung einer solchen Politik wird unzweifelhaft Beschädigungen der KBV und der KVen im ganzen Lande nach sich ziehen, deren Ausmaß nicht im entferntesten absehbar ist. Die KBV-Führung macht nach Ansicht des bvvp einen sehr großen Fehler, wenn sie meint, sich nur an der Majorität der Haus- und Fachärzte orientierten zu können und dabei den Mut der Verzweiflung von 20.000 Psychotherapeuten unterschätzt, deren Existenz nunmehr endgültig infrage steht!

Dr. F. R. Deister, Referat Presse- und Öffentlichkeitsarbeit des bvvp  


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