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Die Berliner Blätter für Psychoanalyse und Psychotherapie  
geben hier z.T. kontroverse Presseerklärungen und 
Stellungnahmen der Verbände zum Gutachterverfahren
 
wieder und bitten um weiterführende Diskussion 

Ihr Kommentar

Zu den Zuschriften 08.06.2000

ZURÜCK ZUM BERICHT VOM 31.8.2000 ÜBER DIE DISKUSSIONSVERANSTALTUNG IN KÖLN


1.bvvp (12.05.)  2. BDP     3. VPP      4. DPTV    5. DGPT   6. DPTV (4.6.00)

7. Zuschriften 08.06.2000

8.  Hat das Psychotherapie-Gutachterverfahren (noch) eine Legitimation ?
     Eine umfassende Untersuchung bestätigt Zweifel der überwiegenden Praxis 

     
von Dipl.- Psych., Ass. Jur. Dr. Hans-Ulrich Köhlke

 
   

 Eine Stellungnahme aus dem bvvp

Warum ist die Debatte um das Gutachterverfahren
 - insbesondere zum jetzigen Zeitpunkt - sehr problematisch?

Eine Replik auf Initiativen zur Abschaffung des Gutachterverfahrens

Elisabeth Schneider-Reinsch

In jüngster Zeit wird von verschiedenen Verbänden die Abschaffung des Gutachterverfahrens gefordert, ohne daß eine Konzeption vorgestellt wird, wie zukünftig psychotherapeutische Leistungen bewilligt werden sollen. Im folgenden soll auf Aspekte eingegangen werden, die in der Debatte um das Gutachterverfahren zu wenig gewürdigt werden.

Sinn und Zweck des Gutachterverfahrens

Mit der Einführung der Psychotherapie (1967, zunächst beschränkt auf die psychoanalytisch begründeten Verfahren) als Regelleistung in die gesetzliche Krankenversicherung wurde das sog. Gutachterverfahren implementiert. Es war von Anfang an nicht unumstritten, sondern u.a. als restriktiv und als störender Eingriff in die Patient-Therapeut-Beziehung kritisiert worden.

Andererseits wurde dadurch die gesicherte Übernahme der Behandlungskosten für die Psychotherapie ermöglicht und Psychotherapie erstmals allen behandlungsbedürftigen Patienten unabhängig von ihrer finanziellen Situation zugänglich gemacht.

Mit der Aufnahme der Verhaltenstherapie (VT) als gesetzliche Krankenversicherungsleistung wurde das Gutachterverfahren auch auf dieses Verfahren ausgedehnt.

Durch die unterschiedlichen Bewilligungsschritte in den drei anerkannten Verfahren (analytische PT, tiefenpsychologisch fundierte PT und VT) schreiben die häufigsten Gutachtenanträge die Verhaltenstherapeuten, die wenigsten die Psychoanalytiker. Dies ist auf die Darstellung der frühen VT zurückzuführen, sich als Kurztherapieverfahren zu empfehlen. Inzwischen benötigt die VT – bei entsprechender Indikation – längere Behandlungszeiten, und ambulant tätige Verhaltenstherapeuten fordern größere Bewilligungsschritte ( s. dazu die bvvp-Intitiative zur Angleichung der VT an die tiefenpsychologischen Behandlungskontingente).

Das Gutachterverfahren hat die Aufgabe, die Zweckmäßigkeit und Wirtschaftlichkeit einer beantragten Psychotherapie zu prüfen. Den Krankenkassen war und ist an einer Einhaltung dieser Kriterien verständlicherweise gelegen, wobei der Gutachter in ihrem Auftrag die Behandlungsbedürftigkeit einer vorliegenden Störung, die Angemessenheit des therapeutischen Vorgehens sowie die Einhaltung der Regelbegrenzungen prüfen soll. „Der Therapeut seinerseits sollte vor einer rückwirkenden Kürzung der von ihm erbrachten Leistungen durch die regulären Prüfinstanzen der KV ( im Falle einer Überschreitung der wirtschaftlichen Normen) geschützt werden“

(Faber, Haarstrick: Kommentar Psychotherapierichtlinien 1999, S. 16).

Das Gutachterverfahren stellt somit eine Vorab-Wirtschaftlichkeitsprüfung dar.

Sind sich die Gegner des Gutachterverfahrens bewußt, was wir bei unserer psychotherapeutischen Tätigkeit an Schutz verlieren und evtl. Regreßforderungen riskieren, wenn wir diese Vorab-Wirtschaftlichkeitsprüfung ohne Not aufgeben?

Dabei ist zu bedenken, daß wir auch Behandlungen erleben, die für die Patienten und für uns nicht immer zufriedenstellend verlaufen.

Noch schwerwiegender erscheint jedoch das Argument, daß wir oft durch ihre Lebensgeschichte tief verunsicherte Patienten behandeln. Erst ein bewilligtes und finanziertes Stundenkontingent gibt Patienten einen sicheren Rahmen, in dem sie ohne Sorgen um die Behandlung(skosten) und um den Fortbestand der Behandlung an sich arbeiten können. Die aus den USA bekannte Situation, daß man um ein paar Stunden mit den Krankenversicherungen „feilschen“ muß, wird dort von Patienten und Therapeuten als sehr therapiestörend erlebt.

Wir sollten besonders auch im Interesse unserer Patienten nicht an einer berechenbaren und gesicherten Stundenbewilligung rütteln. Diese Sicherheit ermöglicht überhaupt erst schwerer gestörten Patienten ein verlässliches Behandlungsangebot  machen zu können.

Nun könnten Gegner des Gutachterverfahrens dagegen halten, ob denn die Stundenzahlbewilligung durch Gutachter erfolgen muß. Warum könnte nicht ein Sachbearbeiter bei der Krankenkasse diese Aufgabe übernehmen- wie bei der nicht gutachterpflichtigen Kurzzeittherapie?

Das Risiko einer unwirtschaftlichen Behandlung durch eine Kurzzeittherapie ist sicherlich geringer als bei einer Langzeittherapie ( d.h. die Kosten sind geringer und damit auch die Verantwortung des Sachbearbeiters). Wollen wir aber die Überprüfung der Indikation für eine längere Behandlung wirklich Nicht-Fachleuten zugestehen? Oder vielleicht dann doch lieber Fachleuten (z.B. innerhalb des Medizinischen Dienstes der Krankenkassen) , die aber mehr als die derzeitigen Gutachter im Dienst der Krankenkassen stehen?

Damit würden wir Gefahr laufen, dass die Bewilligung unserer Leistungen künftig vermehrt durch sachfremde, insbesondere kurzfristige ökonomische Gesichtspunkte determiniert würde. Die Krankenkassen könnten je nach finanziell verfügbaren Mitteln Leistungen genehmigen, einschränken oder versagen. Können wir Interesse haben, die psychotherapeutische Arbeit einem derartigen - mehr finanziell und weniger inhaltlich begründeten - Steuerungsmechanismus auszusetzen?

Sicherlich gibt es zum Gutachterverfahren berechtigte Kritik, und manches wird als Willkür erlebt ( Zur Verbesserung des Gutachterverfahrens wird in einem eigenen Diskussionspapier Stellung genommen). Dennoch sollte man eher an der Verbesserung eines bestehenden Systems mit psychotherapeutischen Fachleuten und einer gewissen Autonomie gegenüber den Krankenkassen arbeiten, als die Bewilligung psychotherapeutischer Leistungen von fachfremden Gesichtspunkten abhängig zu machen.

Gerade im Zusammenhang mit dem von uns erstrittenen Bundessozialgerichtsurteil scheint das Rütteln am Gutachterverfahren besonders selbstdestruktiv. Das BSG hat uns als einziger Fachgruppe einen festen Punktwert zugestanden mit zwei wesentlichen Begründungen:

a)      wir erbringen zeitgebundene Leistungen, die sich nicht beliebig mehren lassen und

b)      genehmigungspflichtige Leistungen. Wenn Krankenkassen und KVen z.Z. daran interessiert sind, das Gutachterverfahren zu kippen, sollten wir uns fragen: Warum wohl?

Die Krankenkassen argumentieren mit den Kosten des Gutachterverfahrens und mit den geringen Ablehnungsquoten. Diese Argumentation ist jedoch nicht überzeugend. Die genannten 24 Millionen DM Ausgaben für das Gutachterverfahren machen gerade einmal 1-2% der Behandlungskosten aus. Es müsste erst einmal dargelegt werden, welche andere Form der Wirtschaftlichkeits- und Qualitätsprüfung, die einen solchen Namen verdient, mit gleichem oder geringeren Aufwand auskäme bei gleicher Wirksamkeit.

Zuwenig diskutiert wird auch, wieviel an Kosten dadurch mit dem Gutachterverfahren eingespart werden, daß jeder Therapeut angehalten wird, sich sorgfältig die Indikation für eine Langzeittherapie zu überlegen und darzustellen. Denn die entscheidende Wirkung der Kostenersparnis liegt darin, dass es aufgrund der Filterwirkung des Gutachterverfahrens in zahlreichen eher zweifelhaften Fällen vorab gar nicht zu einer Antragsstellung kommt.

Unter der seit Januar neu geltenden Gutachterpflicht für die Kurzzeittherapie „leiden“ sicherlich vor allem die neu ins Gutachtersystem gekommenen Kollegen, jedoch behindert es auch einen durchaus öfters festgestellten Mißbrauch durch Kollegen, die in der Vergangenheit nur und ohne sorgfältig gewählte Indikation Kurzzeittherapien durchgeführt haben.

Man sollte hellhörig werden, wenn KV-Vertreter sich zum Anwalt unzufriedener Psychotherapeuten machen (!) und ebenfalls das Gutachterverfahren wegen nachlassender Akzeptanz in Frage stellen. Die Begehrlichkeiten sind groß, durch andere Bewilligungs-verfahren neue Möglichkeiten – fachfremder -  „Mengensteuerungsmaßnahmen“  für die Psychotherapie einzuführen, um den Budgetanteil der Psychotherapie besser beeinflussen und verringern zu können.

Dass das Gutachterverfahren nicht beliebt ist, ist angesichts seiner Prüffunktion und der schlechten Vergütung des Aufwandes, den die Therapeuten dafür erbringen müssen, leicht verständlich.

Es wird auch nicht bestritten, dass das Gutachterverfahren nur bedingt eine qualitätssichernde Funktion hat. Ein Fall sollte individuell und plausibel nach einem Richtlinienverfahren konzeptualisiert werden. Sicherlich gibt es Kollegen, die sich nicht hinreichend im Bericht individuell mit dem konkreten Fall auseinandersetzen ( z.B. auf vorgefertigte Textbausteine zurückgreifen). Das spricht jedoch nicht gegen das Gutachterverfahren als solches; mit Mißbrauch und Betrug ist bei jeder Art von Regelung zu rechnen – das lässt sich mühelos an Beispielen anderer medizinischer Bereiche nachweisen.

Was das Gutachterverfahren für uns aber z.Z. Besonderes leistet, ist ein Schutz der Behandlungsschritte und der Honorierung. Bei jeder Allianz zwischen KVen und Krankenkassen im Bemühen, das Gutachterverfahren in Frage zu stellen, sollten wir uns fragen, inwieweit diese Kostendämpfung betreiben wollen auf Kosten einer Psychotherapie im fachlich notwendigen Umfang und mit der sachlich erforderlichen Honorierung. Das Gutachterverfahren lässt keinen Raum für weitere Maßnahmen zur Mengensteuerung bzw. – begrenzung seitens der Krankenkassen und der KVen. Eine Genehmigung jedoch „nur“ durch die Krankenkassen eröffnet den Zugriff der Kassen auf Behandlungskontingente, Mengensteuerung und Honorierung.

Denn es macht einen Unterschied, ob ein Sachbearbeiter der Krankenkasse eine Leistung größeren Umfangs befürworten und genehmigen soll oder eher erfahrene Fachvertreter. Die Befürwortung bzw. Genehmigung durch die Krankenkasse selbst hat einen anderen Stellenwert als die durch relativ unabhängige Gutachter. Eine wichtige Argumentation für unser BSG-Urteil entfiele. Wollen wir das wirklich riskieren?

In diesem Zusammenhang sei nur am Rande auf die immense Datenschutzproblematik hingewiesen, die damit verbunden wäre, krankenkassenintern die mitunter ausführliche Begründung für die erforderliche Beantragung/Fortsetzung einer Therapie darlegen zu müssen.

Fazit:

Lieber sollten wir weiterhin Anträge an psychotherapeutische Gutachter schreiben und eine angemessene Honorierung einfordern, als die Rahmenbedingungen, unter denen das BSG-Urteil zustande kam, so verfremden, daß das Urteil in seiner Begründung angreifbar und der feste Punktwert für die Psychotherapie riskiert wird.

Alle Psychotherapeuten sollten z.Z. am Gutachterverfahren festhalten und Versuchungen seitens Krankenkassen, KVen oder einiger Psychotherapeuten widerstehen, sich für die Abschaffung des Gutachterverfahrens einzusetzen.

Eine populistische Politik sollten wir angesichts unserer gegenwärtigen existentiellen Bedrohung nicht verfolgen, sondern aufklären und Zusammenhänge deutlich machen.

Sollte ein ausgereiftes Konzept, juristisch gleichwertig zur Genehmigungspflicht durch das Gutachterverfahren, entwickelt werden, so ist darüber zu diskutieren. Solange aber keine durchdachte Alternative erkennbar ist, sollten wir nicht leichtfertig das, was auch in Zeiten enger Budgetgrenzen im Gesundheitswesen unserer psychotherapeutischen Arbeit, d. h. sowohl den Patienten als auch den Therapeuten, unverzichtbare sichere Rahmenbedingungen gibt, aufs Spiel setzen.

Elisabeth Schneider-Reinsch
Bundesverband der Vertragspsychotherapeuten bvvp

Frau Schneider-Reinsch war seit 1983 im Delegationsverfahren für Verhaltenstherapie tätig. Durch die engen Bewilligungsschritte für VT hat sie im Jahr durchschnittlich 35 Langzeittherapieanträge bzw. Verlängerungsanträge ( auch für verhaltenstherapeutische Gruppen) gestellt. Sie kennt also die Mühsal der Antragsstellung einschließlich der schlechten Honorierung der oftmals am Wochenende stattfindenden Antragsarbeit. Sie ist keine Gutachterin und hat keine Ambitionen für diese Tätigkeit, so daß ihr keine persönliche Bereicherung oder Interessenkollision nachgesagt werden kann.

 

 

 

 

BDP gegen Gutachterpflicht bei Kurzzeittherapie

In einem Schreiben an den Bundesausschuss der Ärzte und Krankenkassen, die Spitzenverbände der Krankenkassen sowie die Hauptverwaltungen der großen Ersatzkassen hat sich der BDP gegen die Verschärfung des Gutachterverfahrens gewandt. Die Gutachterpflicht bei Kurzzeittherapie bedeutet für die Krankenkassen eine Kostensteigerung, die in keinem sinnvollen Verhältnis zu dem zu erwartenden Nutzen steht. Psychotherapiebedürftige Patienten müssen auf den Beginn ihrer notwendigen Behandlung warten, wodurch vorliegende Symptome verstärkt werden können und bei schwereren Störungsbildern kostenintensive stationäre Maßnahmen notwendig werden.

Für die Behandler ist die Verschärfung der Gutachterpflicht – die generell nicht adäquat honoriert wird – mit zusätzlichem, kaum bezahlten Zeitaufwand verbunden.

In seinem Schreiben hat der BDP deutlich gemacht, dass er echte Qualitätssicherungsmaßnahmen unterstützt und bereit ist, an deren Etablierung mitzuarbeiten. Alternativ zum Gutachterverfahren sollten geeignete Qualitätssicherungsmaßnahmen unter Einbeziehung der Berufs- und Fachverbände diskutiert und vom Bundesausschuss Ärzte und Krankenkassen beschlossen werden. Vor diesem Hintergrund hat der BDP bereits in einem früheren Schreiben an die Spitzenverbände der Krankenkassen, die Gesundheitsministerien von Bund und Ländern und weitere Leistungserbringer von Psychotherapie auf psychologisch fundierte Diagnose- und Evaluationsverfahren hingewiesen und die Bereitschaft zur fachlichen Begleitung entsprechender Pilotprojekte erklärt. Die ablehnende Haltung des BDP zum Gutachterverfahren bei Kurzzeitttherapie fußt auf dem eindeutigen Votum der Delegiertenkonferenz vom Herbst letzten Jahres. Mittlerweile haben sich erfreulicherweise auch andere Verbände diesem Standpunkt angeschlossen.

 

 

VPP: Gedanken zur Qualitätssicherung


Der Begriff QS – Qualitätssicherung – ist z.Zt. ein häufig auftauchendes Wort, nicht nur im Bereich der Psychotherapie. Leider wird dabei unter diesem Begriff recht Verschiedenes, z.T. Inkompatibles, z.T. Inhaltliches, was mit Qualität und ihrer Sicherung nicht viel zu tun hat, zusammengefaßt und verwischt so eher, um was es eigentlich jeweils geht. Insbesondere trifft das auf die dahinter stehenden Interessen zu.

Hier sind vor allem die Interessen dreier verschiedener Personengruppen zu unterscheiden:

A. die Verbraucher, Nutzer von Psychotherapie ( die Patienten)

B. diejenigen, die die Therapie durchführen (die Behandler)

C. die Kostenträger ( Kassen, KV) und die Behörden.

Je nachdem auf welcher dieser Ebene ich mich befinde, sind ganz verschiedene Fragestellungen und Überprüfungsinstrumente angesagt:

  1. Hier wären Befragungen (z.B. Consumerreport, wie in USA auch bei Psychotherapie üblich) möglichst durch unabhängige Instanzen ( so in Deutschland Stiftung Warentest) bzw. Evaluationen (meist in Zusammenarbeit mit den Universitäten) durchzuführen, die selbst aber nicht direkt den Therapieprozess beeinflussen oder gar beeinträchtigen. Dies läßt sich dann neben der Psychotherapieforschung auch als externe Qualitätssicherung bezeichnen.
  2. Die sog. Interne Qualitätssicherung. Hierunter sind alle Maßnahmen, die die fachliche Qualifikation der Behandler, die Effizienz und die den Nutzern entsprechende Atmosphäre des Therapieprozesses beeinflussen, zu nennen. Hierbei ist jede den Fluß des Therapieprozesses, die körperliche, seelische oder die Leistung gewährende Integrität des Behandlers und die Fähigkeit des Patienten, sich zu öffnen, beeinträchtigende Maßnahme zu unterlassen. Dies ist nach meiner Überzeugung neben Punkt A. und im Gegensatz zu Punkt C. eine tatsächliche Qualitätsebene. Supervision, Qualitätszirkel, Fort- und Weiterbildung (auch wie z.B. in der sog. TK-Regelung verpflichtend geregelt!), berufsrechtliche Regelungen über das Führen und die Organisation einer Praxis (übrigens alles Kammerangelegenheiten) sind hier die angemessenen und erfolgversprechenden Maßnahmen. Manualisierung und Computerorganisation können hierbei nur bedingt, soweit sie nicht übermäßig in die Durchführung des therapeutischen Prozesses und die therapeutische Beziehung eingreifen, hilfreich eingesetzt werden (Hier gibt es auch durchaus unterschiedliche Maßstäbe auf die verschiedenen psychotherapeutischen Verfahren bezogen).

    Auch das Schreiben von Berichten ist für eine wirkliche Qualitätssicherung nicht geeignet, da zwar ein schriftliches Resümee und Reflektieren dem Therapieprozess sehr förderlich sein kann, aber ein für kontrollierende Auftraggeber verfaßter Bericht nur die Qualifikation, Berichte zu schreiben, nicht jedoch tatsächlich die Qualifikation zum Behandeln prüfen kann.
  3. Das Kosten- Nutzen- Problem. Solange Psychotherapie ein Bestandteil des öffentlichen, sozialen Gesundheitssystems ist und als Sachleistung der Kostenträger dieses Systems finanziert wird, ist es natürlich von durchaus berechtigtem Interesse dieses Systems und seiner Kostenträger zu einem angemessenen Kosten-Nutzen-Verhältnis zu kommen. Zum einen ergibt die Frage der Angemessenheit je nachdem, wie weit die Interessen der Patienten hier eine Berücksichtigung finden und/oder wie gefüllt die öffentlichen Kassen sind, einen weiten oder engeren Diskussionsspielraum, zum anderen geht es hier um ökonomische, nicht jedoch, wie immer wieder fälschlich bezeichnet, um Qualitätsgesichtspunkte. Dies sollte dann aber auch so genannt und unterschieden werden. Allerdings, wenn der Kostendruck sehr eng umgesetzt wird (wie wir es z.Zt. in unvernünftigem Maße auf dem Gebiet der Psychotherapie erleben), wird die tatsächliche Qualität der Psychotherapie drunter leiden. Hier steht also ‚Qual - ität‘ gegen Qualität. Gelänge es, interne Qualität deckungsgleich mit der Kosten-Nutzen-Ebene zu machen (wirklich qualifizierte Behandler minimieren möglicherweise auch Kosten), dann erst wäre der beschriebene, immer auch offenzulegende Interessengegensatz zwischen Ebene B und C egalisierbar. Das könnte am ehesten über den Einbezug der Ebene A geschehen, obwohl ja nach Meinung der öffentlichen und politischen Instanzen der Nutzerwille offenbar nicht immer mit den ökonomischen Interessen der Kostenträger und der Politik übereinstimmt.

Das führt nun für mich zu der Forderung, bei der Diskussion um die ‚Qualitätssicherung‘ die Interessenunterscheidung nach Ebene A,B,C deutlich zu machen.

Besonders jedoch muß die Forderung nach dem Einbezug der jeweils direkt Betroffenen (Patienten und Behandler) in die Planung und Entscheidung erhoben werden.

Hier wären die Berufsverbände und die Verbraucherorganisationen geeignete Partner, aber es müßten auch Wege gefunden werden, die Betroffenen selbst schon in die Planung einzubeziehen.

Hast in der Planung und Durchführung kann nicht einmal auf der Kosten-Nutzen-Ebene Gewinn versprechen.

Die Planung und Organisation wird aber z.Zt. massiv im Hintergrund unter Ausschluss der Betroffenen und ihrer Fachorganisationen allein durch die KBV und die Kassenorganisationen vorangetrieben. Es steht zu befürchten, daß dabei Qualität überhaupt (gleich ob schon bewährte, wie auch noch neu zu entwickelnde) auf der Strecke bleibt, was dann der Tod effektiver und am Patienten orientierter Psychotherapie wäre.

Ein Teil dieser geplanten oder auch schon begonnenen Maßnahmen ist paradoxerweise nicht nur ineffektiv, an einer wirklichen Qualitätssicherung vorbeischießend, sondern auch unter Kostengesichtspunkten unbrauchbar. (So führt die Einführung des Gutachterverfahrens für die Kurzzeittherapie auch zu einer Kostensteigerung für die Krankenkassen. - Welchen Sinn hat es dann noch?)

Der VPP steht bereit, bei einer vernünftigen Qualitätssicherung seinen Fachverstand zur Verfügung zu stellen. Auch steht mit der Kommission zur Entwicklung der psychologischen Psychotherapie (KEPP) des BDP, die schon eine ganze Zeitlang am Thema arbeitet und in der neben verschiedenen Wissenschaftlern und anderen Experten auch der VPP engagiert mitarbeitet, eine kompetente Fachorganisation zur Verfügung.

Heinrich Bertram, stellvertretender Bundesvorsitzender des VPP

 

 

 28.03.2000 DPTV-Presseerklärung                                                         

DPTV fordert Abschaffung des Gutachterverfahrens

(dptv, 27.03.00) Das Gutachterverfahren in der Vertragspsychotherapie ist weder zweckmäßig noch verhältnismäßig, und es dient keineswegs, wie immer wieder behauptet, der Sicherung oder gar Verbesserung der Qualität der psychotherapeutischen Versorgung.

In den dreißig Jahren seiner Anwendung wurde das Gutachterverfahren nie einer ernsthaften Evaluation unterzogen. So gab es bislang keinerlei empirische Befunde zu Reliabilität und Validität, von empirischen Belegen zur Zweckmäßigkeit der willkürlich festgelegten Bewilligungsschritte ganz zu schweigen.

Vor kurzem wurde nun in einer repräsentativen Befragung zum Gutachterverfahren in der Vertragspsychotherapie (Köhlke, 2000) erstmalig mit empirischen Methoden nachgewiesen, was erfahrene Psychotherapeuten seit langem wissen:

  • Der Zeitaufwand ist unverhältnismäßig hoch - auch erfahrene Behandler sitzen im Schnitt 4 bis 5 Stunden an einem Erstantrag. Dies gilt gleichermaßen für Ärzte und Psychologen, Psychoanalytiker, Tiefenpsychologen und Verhaltenstherapeuten.
  • Insbesondere bei den kurzen Psychotherapieverfahren (TP und VT) ist der Aufwand an Arbeitszeit und Kosten völlig unverhältnismäßig und unvertretbar.
  • 75 % der Psychotherapeuten disqualifizieren das Gutachterverfahren als ein Instrument, das primär Formulierungsgeschick und nicht Therapiequalität erfaßt.

Die Kosten sind immens: Jährlich zahlen die Krankenkassen 24 Mio. DM für dieses Verfahren.                                     

Berechtigte Kritik wurde und wird jedoch von den für das Gutachterverfahren Verantwortlichen bisher geflissentlich ignoriert - als Alternative kämen aus ihrer Sicht nur Wirtschaftlichkeitsprüfungen einzelner Praxen in Frage. Die der KBV nahestehenden Psychotherapieverbände, aus deren Reihen erst jüngst zahlreiche Funktionäre zu Gutachtern ernannt wurden - für eine Tätigkeit, die im Schnitt mit einem jährlichen "Nebeneinkommen" von 100.000 DM verbunden ist - verhielten und verhalten sich auffallend ruhig, obwohl auch aus dem Kreis ihrer Mitglieder die Kritik am Gutachterverfahren immer lauter wird.

Der DPTV fordert, die seit Jahren geltenden gesetzlichen Vorschriften einer angemessenen und fachlich vertretbaren Qualitätssicherung endlich ernst zu nehmen und in die Praxis der Psychotherapie umzusetzen. Das Gutachterverfahren muß - da unzweckmäßig und unwirtschaftlich - umgehend durch andere Verfahren und Instrumente der Qualitätssicherung ersetzt werden, und zwar durch Verfahren, die auch bei den niedergelassenen Psychotherapeuten als sinnvoll, effektiv und rationell akzeptiert werden können.

Diese Position wurde jüngst in Geprächen mit den für den Bereich der Psychotherapie zuständigen Vertretern des Verbandes der Angestelltenkrankenkassen (VdAK) und der großen Ersatzkassen (BEK, DAK, TK, HKK und GEK) sowie mit dem Bundesverband der Betriebskrankenkassen (BBK BV) vom Präsidium des DPTV erläutert und von den Fachleuten der Krankenkassen - gerade auch vor dem Hintergrund der hohen Kosten des Verfahrens - mit großem Interesse zur Kenntnis genommen. Es bestand Einvernehmen darüber, daß das Gutachterverfahren nicht ersatzlos gestrichen werden könne, sondern durch angemessenere Verfahren zu ersetzen sei.

 

 

 

 

 

Presseerklärung vom 12. April 2000

Stellungnahme der DGPT
zur Diskussion um das Gutachterverfahren in der Psychotherapie

(Dr.med. Alf Gerlach)

 Bezug:

 Presseerklärung des DPTV vom 28.03.2000

Schreiben des BDP an den Bundesausschuß der Ärzte und
Krankenkassen vom 28.03.2000

Die psychotherapeutische Versorgung in der Gesetzlichen Krankenversorgung wird seit 1967 durch die Psychotherapie-Richtlinien geregelt. Sie legen fest, wann seelische Störungen als behandlungsbedürftige Krankheit anerkannt werden und welche Methode zur Behandlung zugelassen wird. Die Einhaltung der Richtlinien wird durch ein Gutachterverfahren gesichert, das bislang als vor­bildlich im Vergleich zu anderen Ländern angesehen wurde.

In einer Presseerklärung vom 28.03.2000 hat der DPTV das Verfahren pauschal als nicht zweckmäßig und als ungeeignet zur Qualitätssicherung abgetan. Ebenso fordert der BDP in einem Schreiben an den „Bundesauschuß der Ärzte und Krankenkassen“ eine Aussetzung der zum 01.01.2000 eingeführten Gutachterpflicht für Kurzzeittherapie. In der Tat ist das Verfahren in der Vergangenheit in erheblichem Maße unterlaufen bzw. umgangen worden. Die Krankenkassen hatten eine große Zahl von Psychologen in der sogenannten „Erstattungspsychotherapie“ an der Krankenversorgung beteiligt, die nicht ausreichend zur Therapie nach den Richtlinien qualifiziert waren. Wie sich inzwischen zeigt, sind auf diese Weise Beträge in Milliardenhöhe an den Richtlinien vorbei für Leistungen von fraglichem Wert ausgegeben worden. Ein großer Teil wurde vermutlich zur Beratung von Lebensproblemen investiert, die nicht eigentlich als Krankheit angesehen werden können.

Im Rahmen des Psychotherapeutengesetzes sind diese unzureichend qualifizierten Psychologen aus Gründen der Besitzstandswahrung zu regulären Psychologischen Psychotherapeuten gemacht worden, wenn sie eine bestimmte Anzahl von Kostenübernahmen in der Erstattungspsychotherapie und/oder Teilnahme an einer Nachqualifikation (ohne Abschlußprüfung) nachweisen konnten. Ein erheblicher Teil dieser Psychologen ist im DPTV organisiert, der ihre Interessen vertritt.

Seit Inkrafttreten des Psychotherapeutengesetzes ist die Ablehnungsquote für Richtlinien-Psychotherapie im Gutachterverfahren drastisch angestiegen. Es zeigt sich, daß unzureichend ausgebildete Psychotherapeuten große Schwierigkeiten haben, zwischen seelischer Krankheit und anderen Störungen des Wohlbefindens zu unterscheiden, so daß auch „Störungen“ wie Liebeskummer oder Trauer-Reaktionen als Krankheit bezeichnet und als solche behandelt werden. Umgekehrt fehlen oft die Voraussetzungen, um ernsthafte seelische Störungen als solche zu erkennen, so daß nicht rechtzeitig entsprechend qualifizierte Fachpsychotherapeuten zurate gezogen werden. Darüber hinaus gelingt es bei unzureichender Ausbildung nur schwer, eine für den jeweiligen Patienten spezifische Konzeption der Störung und ihrer Behandlung zu formulieren. Aus einer Befragung unter Psychotherapeuten (Köhlke, 2000) wird ersichtlich, daß die Ablehnung des Gutachterverfahrens um so größer ist, je niedriger die Abschlußqualifikation der Therapeuten ist.

Wenn die vom DPTV geforderte Abschaffung des Gutachterverfahrens realisiert würde, dann fiele eine entscheidende Sicherung zur Einhaltung der Psychotherapie-Richtlinien. Es wäre eine weitere enorme Leistungsausweitung bei erheblicher Qualitätsminderung zu erwarten, weil im Einzelfall jedwede Störung des Wohlbefindens und jedwede Unzufriedenheit als Krankheit behandelt und damit der Psychotherapie zugänglich gemacht werden könnte. Die Krankenkassen wären überdies gezwungen, die Beratungsleistungen der psychologischen Beratungsstellen voll zu übernehmen, die wertvoll, aber eben keine Leistungen nach den Psychotherapie-Richtlinien sind.

Die vom DPTV akzeptierten Maßnahmen zur Qualitätssicherung können das Gutachterverfahren nicht ersetzen, denn sie messen lediglich die Verbesserung der subjektiv benannten Beschwerden und Probleme, und eine solche Besse­rung ist nach Beendigung einer stützenden Therapiemaßnahme selbst dann zu erwarten, wenn diese im Wesentlichen aus Beratung bestand. Wichtig für die Wirtschaftlichkeit sind dagegen langfristige Veränderungen der ursächlichen pathologischen Mechanismen, wie sie z.B. für die psychoanalytischen Verfahren nachgewiesen sind.

Die DGPT unterstützt sinnvolle Bestrebungen, das Gutachterverfahren neuen Erfordernissen anzupassen und es mit anderen Maßnahmen der Qualifikationssicherung zu verknüpfen. Eine Abschaffung dagegen würde bedeuten, daß die international führende hohe Qualität der psychotherapeutischen Versorgung in Deutschland den Interessen der neu hinzugekommenen Therapeuten geopfert würde.

 

 


 Uns wurde nachfolgende Stellungnahme des DPTV-Präsidenten per Email zugestellt:

An die Vorsitzende der DGPT 
Frau Dipl.-Psych. Anne-Marie Schlösser 
Johannisbollwerk 20 
20459 Hamburg 

18.05.2000 

Betr.: Stellungnahme der DGPT zur Diskussion um das Gutachterverfahren in der Psychotherapie 

Sehr geehrte Frau Schlösser, 

es wird Sie nicht wundern, daß ich mich als Vertreter der in der DGPT-Stellungnahme so bezeichneten "unzureichend qualifizierten Psychologen" gegen die durch entwertende und polemische Formulierungen entstandene Verunglimpfung unserer Kolleginnen und Kollegen schärfstens verwahre. 

Meinen Sie wirklich, daß der DGPT-Rückfall in die Terminologie aus der Zeit des "Kalten Krieges" vor dem Psychotherapeutengesetz der Psychotherapie oder gar der Psychoanalyse nützt? Und natürlich sind die Diffamierungen der DGPT-Führung gegenüber den durch langjährige therapeutische Erfahrung qualifizierten Behandlern auch noch aus einem anderen Grund reichlich unbedacht: Zahlreiche Ihrer Mitglieder und Institute haben sich doch gerade - zwar nicht selbstlos, aber doch sehr engagiert - an der sogenannten Nachqualifikation der jetzt von Ihnen abgeurteilten psychologischen Psychotherapeutinnen und Psychotherapeuten bei den Anerkennungsverfahren beteiligt. 

Die betr. Dozenten und Einrichtungen werden es wohl kaum einfach so hinnehmen können, wie ihre Arbeit vom Spitzengremium der eigenen Organisation abqualifiziert wird. Überdies finde ich es höchst unklug, zum jetzigen Zeitpunkt die Debatte um die angeblich mißbräuchliche Indikation einsichtsorientierter Psychotherapieverfahren für die Behandlung von "Störungen des Wohlbefindens" oder für die Förderung der persönlichen Entwicklung ohne Not wieder zu beleben, eine Diskussion, die ja wohl insbesondere auch der Psychoanalyse erheblich schaden könnte. 

Es trifft zu, daß sich der DPTV entschieden und wohlbegründet gegen das Gutachterverfahren ausgesprochen hat und es ersetzt wissen will durch Qualitätssicherungsverfahren, die dem Gegenstand angemessen und fachlich begründet sind. 

Es überrascht mich nicht, daß die DGPT anderer Meinung ist. Aber was soll die Unterstellung, daß jeder, der gegen das Gutachterverfahren ist, auch zugleich psychotherapeutisch unqualifiziert sei? 

Das Gutachterverfahren, jahrzehntelang als Garant der Zweckmäßigkeit und Wirtschaftlichkeit einer Psychotherapie gepriesen, hat sich zur Sicherung der Qualität als unzureichend erwiesen. Warum wurden zur Bewertung des Erfolgs einer Psychotherapie von der DGPT bis heute keine empirisch überprüften und überprüfbaren Kriterien vorgeschlagen? Die DGPT, will sie ihre Glaubwürdigkeit als wissenschaftliche Fachgesellschaft nicht verlieren, täte gut daran, sich konstruktiv und innovativ an der gesetzlich vorgeschriebenen Erfolgsbewertung medizinischer Behandlungen zu beteiligen, anstatt rigide an einem nachgewiesenermaßen unzweckmäßigen und unwirtschaftlichen Qualitätssicherungsverfahren festzuhalten. 

Es würde mich freuen, wenn wir die vielleicht etwas übereilt verfaßte DGPT-Stellungnahme zum Anlaß nehmen könnten, die Diskussion um das Gutachterverfahren sachlich fortzusetzen. Der DPTV plant, im Spätsommer d.J. zum Gutachterverfahren eine öffentliche Veranstaltung durchzuführen. Herr Richter wird sich in diesem Zusammenhang in Kürze an Sie wenden. 

Mit freundlichen Grüßen 

gez. Dipl.-Psych. Hans-Joachim Schwarz 
Präsident des DPTV 

Ihr Kommentar


Zuschriften und Kommentare zum Thema:

  

Von: Dipl. Psych. Michael B. Flöter Mittwoch, 7. Juni 2000 11:38

Zur Diskussion ums Gut- oder Schlechtachterverfahren  

Sehr verehrte Kolleginnen und Kollegen, von Zeit zu Zeit und das schon über mehrere Jahrzehnte hinweg, diskutieren wir die Sinnhaftigkeit und Notwendigkeit von Berichten an den Gutachter im Rahmen der Vertragsversorgung bei Verhaltenstherapie sowie der analytischen Behandlung. So wie die Kollegin, Fr. Monika Lederer, (Bezug: mailingliste der VEREINIGUNG) sehen es vielleicht auch viele andere Kolleginnen und Kollegen: Der Bericht als "Konzentration auf diese zielführenden strategischen Überlegungen" und als "Orientierung an Standards" mit "sinnvolle(r) Beugung gegenüber allgemeinen Interessen an der Angemessenheit unserer Arbeit." Klüger und respektvoller läßt es sich kaum noch nicht ausdrücken. Der Bericht bietet mir, dem Berichterstatter - im wahrsten Sinne des Wortes- Gelegenheit vor Augen zuführen, mit was und wie ich die Beschwerden eines Patienten behandeln will. Und dazu verwende ich Standards, welche mir eine gewissen Vergleichbarkeit zu anderen Störungen/Beschwerden bzw. anderen Behandlungsstrategien etc. ermöglichen. 

Überdies bieten einige Gutachter Gelegenheit Fragen bzw. Aspekte zu berücksichtigen, welchen u.U. zu wenig Bedeutung beigemessen worden sind. Einmal abgesehen von einigen Kolleginnen und Kollegen, die auf Grund ihrer Nebenberuflichkeit journalistisch oder schriftstellerisch tätig sind oder einfach aus Lust an der Freude gerne Berichte schreiben; ist es für die meisten von uns eine Beschäftigung, von der eher im Zusammenhang mit Unlust als mit Lust berichtet wird. Da nun wohl die Population von Gutachtern wahrscheinlich etwa eine Gleichverteilung, bezogen auf die der Gesamtbevölkerung, aufweist, was den genauen oder ungenauen, den problematischen bzw. unproblematischen Umgang mit ihrer Arbeit und hinzugehörigen Personen angeht: so werden wir -als "Verursacher"- eben weniger davon verschont, als der Rest der Welt -manchmal dann auch leider!-. Das führt, berechtigter Weise-oder auch nicht, zu Unmut. 

Dieser Unmut findet im Einzelnen seinen Ausdruck als Kritik an den Gutachtern. So werden hierbei im mildesten Fall unangemessene Bewertungen des Berichts den Gutachtern vorgeworfen bis über Praxisfremdheit hin zu völliger Unqualifiziertheit im ärgsten Fall. Aber auch das Gutachterverfahren insgesamt sieht sich aus fachlicher Sicht der Kritik ausgesetzt. So zuletzt im Deutschen Ärzteblatt v. 02.06.2000. So wird hier eine Studie (Köhlke, siehe dazu auch www.bbpp.de) zitiert, nachdem das Gutachterverfahren "weder Zweckmäßig noch verhältnismäßig ist". "75 % aller befragten Psychotherapeuten disqualifizieren das Verfahren". 

Gehören nun aber diese 75% zu den von der DGPT-Vorsitzenden Anne-Marie Schlösser genannten "schlechter ausgebildeten Therapeuten", die das Gutachterverfahren ablehnen? Nachdem unsere Berufsgruppe über mehr als zwei Jahrzehnte hinweg für ihre gesellschaftliche, berufspolitische sowie sozialrechtliche Anerkennung auf dem Hintergrund ihres hohen fachlichen Niveaus erfolgreich gefochten hat, dürfte die Frage der Ausbildung an und für sich längst beantwortet sein. Nicht das es die eine oder andere Diskussion über fachliche Verbesserung von Standards geben sollte keineswegs -ganz im Gegenteil! 

Aber lenkt die gegenwärtige "fachliche Diskussion" nicht von wichtigen Fragen ab, für die die Fachbedenkenträger keine Antwort haben und auch nicht haben brauchen? Höchste Anerkennung und Bewunderung verdienen jene Kolleginnen und Kollegen, die einen Langzeitbericht in ca. 10-30 Minuten und für Kurzzeitberichte bis max. 10 Minuten incl. Vor- und Verbundarbeit (einschl. event. Rückfragen des Gutachters) erstellen. Sie brauchen etwa soviel Zeit, die wirtschaftlich vertretbar ist. Alle anderen verdienen mindesten genauso viel Bewunderung und Anerkennung, weil sie damit ein sehr geschwächtes, oder wie böse Stimmen behaupten, ein marodes Gesundheitswesen subventionieren. Ist es aber nicht eher so, daß nur beide Gruppen nicht das verdienen, was ihre Arbeit landläufig Wert ist! Ganz sicher scheint aber, daß von den Berichtsgegnern die Mehrheit Berichte schreiben kann und auch möchte; allerdings zu einer angemessenen Bezahlung. 

Aber es scheint, daß in einer Zeit, in der nicht einmal die Therapiestunde nach Angemessenheit und Recht bezahlt wird, die Forderung nach angemessener Bezahlung der Berichte als wenig aussichtsreich erachtet wird. Damit wird deutlich weswegen die vermeintlich fachliche Diskussion und Kritik um die Berichtsführung mit der Forderung nach Abschaffung im Vordergrund steht. Ist aber diese Forderung nach Abschaffung der Berichtsführung nicht ebenso verfehlt wie die scheinbar fachliche Diskussion darum wer nun mehr oder weniger gut ausgebildet sei? Inhaltlich gibt es sicher eine Fülle von Aspekten, weswegen die Diskussion um die Berichtsführung interessant und wichtig genug für Facherörterungen wäre- in Fachseminaren, Kongressen usw. Im Moment geht es darum, die Forderung zu vertreten, daß sowohl die Psychotherapiestunde sowie alle Leistungen einschließlich der Berichte -wenn überhaupt erstmalig- mit mehr als nur mit´n Appel und nen Ei honoriert zu bekommen. Eine Psychotherapiepraxis stellt heute ein Klein-bzw. Mittelständigen Wirtschaftsbetrieb unter den besonderen Bedingungen unseres Gesundheitswesens dar. Hier werden gesellschaftliche Leistungen gegenüber anderen Menschen erbracht. Diese Betriebe schaffen Arbeitsplätze. Hierbei entstehen Kosten durch die erbrachten Leistungen, Sachausgaben sowie Kosten fürs Personal u.a.m. So selbstbewußt wie Psychotherapeuten zurecht mit ihrer Fachlichkeit umgehen, so selbstverständlich können sie den Preis für ihre Arbeit einfordern. Darum geht es im Moment! -Ansonsten sicher auch noch um vieles andere.- 

Mit kollegialen Grüßen 

Dipl. Psych. Michael B. Flöter, Köln
MBFloeter@t-online.de

 

Datum: Dienstag, 6. Juni 2000 10:45

Martin Stäb 
Psychologischer Psychotherapeut 
Psychoanalytiker 

e-mail: MartinStaeb@web.de

Zur Stellungnahme von Herrn Schwarz zur Debatte um das Gutachterverfahren  Sicherlich sollte man die Kollegen, die früher über die Kostenerstattung abgerechnet haben und nun nach Nachqualifizierung zugelassen sind, bezüglich ihrer Qualifikation nicht über einen Kamm scheren. Aber wenn mir eine Patientin mit schwerer depressiver Symptomatik berichtet, ihr sei von ihrer vorherigen Psychotherapeutin (jetzt zugelassen, ehemals Kostenerstattung) eine "spirituelle Krise" bescheinigt worden oder wenn einer Borderline-Patientin, die sich bei einer gewalttätigen Auseinandersetzung mit ihrem Partner einen schweren Knochenbruch zugezogen hat, ebenfalls von einer Kollegin, die vormals im Kostenerstattungverfahren tätig war, suggeriert wird, sie sei "endlich an ihre ursprüngliche Wut gelangt" und das ganze als "Katharsis" gefeiert wird, dann kommt man schon ins grübeln, wie es um die Qualifikation mancher Kollegen bestellt sein mag. 

Martin Stäb 
Psychologischer Psychotherapeut 
Psychoanalytiker 
e-mail: MartinStaeb@web.de

Montag, 15.5.2000

Betr.: Stellungnahme von Frau Schneider-Reinsch zur Debatte um das Gutachterverfahren

 Seit 2 – 3 Wochen ärgern wir uns über die von anderen Verbänden „losgetretene“ Debatte um das Gutachterverfahren. Übereinstimmend stellten wir fest, daß wir dringend an die Berliner Blätter schreiben müßten. Dabei blieb es dann, leider.

Die Stellungnahme von Frau Schneider-Reinsch spricht uns sozusagen „aus der Seele“, es mußte dringend mal gesagt werden. Danke!

Es wurden alle die Punkte angesprochen, die uns auch wichtig sind, sowohl hinsichtlich der Vorteile der bestehenden Gutachterregelung, der mangelnden Alternativen sowie des problematischen Zeitpunktes im Zusammenhang mit den derzeitigen Bemühungen um ein angemessenes Honorar.

Jörg Meier-Gefe
Manfred Falke

Psychologische Psychotherapeuten
Psychotherapie und Psychoanalyse
VVPNds@bvvp.de

 

Von: Eva Jaeggi  

Betreff: Re: Gutachterpraxis Datum: Dienstag, 2. Mai 2000 12:58   

Liebe Frau Zumkirchen, danke für die rasche Reaktion; ich habe mich sicher allzu hastig und ungenau ausgedrückt. Ich meinte mit "Gutachten" die empirische Arbeit der Hamburger Kollegen, von denen in den "Blättern" berichtet wurde. Was die "Nachqualifizierung" betrifft, so denke ich, daß es uns Therapeuten nicht schlecht täte, wenn wir - sofern man uns schon überprüft (was übrigens auch fragwürdig ist, weil es bei den Ärzten ja auch nicht gemacht wird!) auch ab und zu aufzeigen müßten, daß wir unsere Patienten sinnvoll behandeln, d.h.: daß es bei jedem Therapeuten auch ab und zu Patientenbefragungen geben müßte. Findet man Therapeuten mit allzu vielen Abbrüchen oder schlechten Ergebnissen, dann sollten diese - wie jetzt in Deutschland gerade passiert- zur Nachqualifikation verpflichtet werden, d.h. eventuell mehr Supervision, mehr Theorie etc. Ich habe natürlich dafür kein eigenes Programm entwickelt, aber sicher wäre dies sogar billiger als das Gutachterverfahren und sicher effizienter. 

Herzlichst Eva Jaeggi

Von: Gabriele Zumkirchen

z.Zt. in Genf

Datum: Dienstag, 2. Mai 2000 06:48

Guten Morgen, ich lese die Berliner Blätter hier immer vor dem Frühstück, ehe ich meinen Unesco-Dienst antrete, und ich möchte mich an dieser Stelle einmal für diese tolle, einfallsreiche und aktuell-informative Internet-Präsentation von Psychoanalyse und Psychotherapie bedanken. Manches steht gelegentlich "zwischen den Zeilen", das macht wohl Charme und Ärgernis der Psychoanalytiker aus. Das geht mir auch mit Frau Jaeggi so. Welches "Gutachten" meint sie, was sind "bestimmte" Therapeuten, die sie doch eigentlich "unbestimmt" beläßt und wie und durch wen soll "nachqualifiziert" werden ? Vielleicht können Sie Frau Jaeggi zu einer weiteren Kommentierung ihres Leserbriefes bewegen. Ich habe zahlreiche Bücher von ihr mit Genuß gelesen und war von mehreren ihrer Vorträge sehr beeindruckt. Mit der ihr eigenen Lebendigkeit der Wissenschaft wird sie sicher auch ihren sehr knappen Leserbrief beleben können. Ich bin halt neugierig, was und wen sie meint.

Es grüßt Sie und Ihre lebendige Online-Zeitung

Gabi Zumkirchen 

 

Von: Prof. Dr. Eva Jaeggi  

Datum: Montag, 1. Mai 2000 15:28 

Dieses Gutachten entspricht so sehr den intuitiven Erfahrungen der betoffenen Psychotherapeuten, daß ein Kommentar fast überflüssig erscheint. Besser wären vielleicht einzelne Stichproben von Pt., bei denen der Erfolg von Therapien gemessen wird und dementsprechend auch eine Überlegung, ob bestimmte Therapeuten nicht ab und zu "nachqualifiziert" werden müssen. 

Eva Jaeggi

 

Von: Karl J. Meister 
KJMeister@t-online.de

Datum: Sonntag, 16. April 2000 16:05 

Ich finde, die Berliner Blätter sind ein äußerst verdienstvolles Forum, das aktuelle Information, Austausch und Auseinandersetzung im Berufsfeld von Psychotherapeuten besser als jede Fachzeitschrift ermöglicht. Ich bin regelmäßiger Besucher dieser Web-Adresse und finde hier in aller Regel Neuigkeiten, die mir aus keiner anderen Informationsquelle zugänglich waren. 

Weiter so, liebe Leute, und freundliche kollegiale Grüße! 

KJMeister@t-online.de


Von: Wolfgang Palm 
Wo.Palm@t-online.de

Betreff: Kommentar zur Stellungnahme der DGPT 
Datum: Sonntag, 16. April 2000 00:05 

Falls ich mich richtig erinnere, steht irgendwo zum Thema Paradigmenwechsel bei T.S. Kuhn zu lesen, dass dieser eher ein Resultat biologischer Veränderungen ("Ausssterben") als das Ergebnis rationaler Begründungen sein wird. Denn offenkundig sind bestimmte Paradigmen keiner rationalen Diskussion zugänglich, so beispielsweise das Paradigma von den "Ursachen seelischer Erkrankungen". 

Herr Gerlach scheint nach wie vor zu meinen, dass ganz bestimmte Gruppierungen, vermutlich die Theoretiker der Psychoanalyse, auf Grund spezifischer theoretischer Grundannahmen in der Lage seien festzustellen, dass es so etwas wie "Ursachen seelischer Erkrankungen" gäbe, die, so scheint er zudem zu glauben, einer kausal wirkenden Therapie zuzuführen seien. 

Weiterhin scheint er davon auszugehen, dass ein Begriffs-Dinosaurier wie "Kausalität" die Grundlage für eine Unterscheidung zwischen Therapie und Beratung einerseits sowie Krankheit und Störung des Wohlbefindes andererseits darstellen könne. Etwas Ähnliches klingt auch in den Psychotherapierichtlinien an. Es ist schwierig über solche metaphysischen Annahmen zu diskutieren, man kann nur hoffen, dass die daraus hervorgehenden begrifflichen Dinosauriere eines Tages aussterben werden. 

Im Einzelnen sind die von Herrn Gerlach getroffenen Feststellungen ein kleines Lehrstück in Sachen Diffamierung und Verdrehung. 

Man darf wohl davon ausgehen, dass aufgrund der gerichtlich erzwungenen Aufhebungen von Ablehnungsbescheiden auch Psychotherapeuten mit geringerem Ausbildungsumfang nach dem PTG zugelassen werden mussten, als ihn viele der schon Etablierten vorweisen können. 

Aber daraus ist natürlich nicht zu schließen, dass sie schlechte Therapien machen, machen werden oder gemacht haben. Was wiederum nicht so zu interpretieren ist, als gäbe es keine schlechten Therapien, die gibt es vermutlich oder ziemlich sicher sogar. 

Aber genausowenig wie von gut formulierten Antragsberichten auf gut geführte und für die Patienten nützliche Therapien zu schließen ist, kann von einer langen und gründlichen Ausbildung auf für Patienten hilfreiche Therapien geschlossen werden. Hier gibt es eben keine "Kausalzusammenhänge", noch nicht mal Häufigkeitsaussagen, wir wissen über diese Zusammenhänge schlicht zu wenig! Aber auf welch' anderem Weg, als auf dem der Verwendung empirischer Mittel wollen wir feststellen, in welchem Umfang gute und schlechte Therapien gemacht werden? Nun messen die empirischen Mittel nach Ansicht von Herrn Gerlach "lediglich die Verbesserung der subjektiv benannten Beschwerden und Probleme" (Zitat), zeigen aber nicht, inwieweit deren "Ursachen" beseitigt worden sind. 

Dessen ungeachtet behauptet Herr Gerlach einige Sätze später die Existenz langfristiger Veränderungen ursächlich pathologischer Mechanismen und er behauptet, dass diese (als Ergebnis von- oder wie sonst ist der Satz zu lesen?) "für psychoanalytische Verfahren" (Zitat) nachgewiesen worden seien. 

Ei - da staunt man! Wo bitte und wie bitte? 

Und falls ja, wie anders als mit empirischen Mitteln könnte ein solcher Nachweis erfolgt sein? Eine solche "Argumentationsweise" - falls man sie überhaupt noch so nennen will, krankt nicht nur offensichtlich an starkem Gedächtnisschwund, sie sägt sich darüberhinaus noch den Ast ab, auf den sie sich selbst zu setzen wünscht. 

Tiefschläge unter der Gürtellinie werden unter Berufung auf die Arbeit von Herrn Kollegen Köhlke ausgeteilt. Diesem kommt m.E. das Verdienst zu, als Erster und bisher vermutlich Einziger umfangreiches empirisches Material vorgelegt zu haben, das Anlass bietet, die Wirtschaftlichkeit, Zweckmäßigkeit und Sinnhaftigkeit des Gutachterverfahrens stark zu bezweifeln. 

Das Material dieser Arbeit lässt eine Menge von Schlussfolgerungen zu, sicherlich aber nicht jene, die Herr Gerlach behauptet, dass nämlich "die Ablehnung des Gutachterverfahrens um so größer ist, je niedriger die Abschlußqualifikation der Therapeuten ist." (Zitat) 

Es handelt sich hierbei keinesfalls um eine Schlussfolgerung, sondern um eine diffamierende Unterstellung, die der Arbeit von Herrn Köhlke untergeschoben worden ist. Die Stichprobe für die Umfrage bestand aus Ärzten und aus Diplom-Psychologen sowie Kinder-und Jugendlichenpsychotherapeuten, die im Delegationsverfahren tätig waren. Der Versand der Fragebögen erfolgte von Ende April bis Juni 1998. Damals gab es noch kein PTG und daher auch noch keine Übergangsbestimmungen. 

Was also behauptet die Feststellung von Herrn Gerlach im Klartext? - Die Verhaltenstherapeuten verfügen über die niedrigste Abschlussqualifikation! Wenn das kein Dünkel ist, dann weiss ich nicht, wie einer aussieht. 

Wolfgang Palm, Karlsruhe.

Wo.Palm@t-online.de


14.April 2000, 15:30 Uhr

Hallo Berliner Blätter,

zunächst ein grosses Lob für Eure immer aktuelle und geistreiche Online-Zeitung, die sich bemüht, unsere Probleme als Psychoanalytiker und Psychotherapeuten objektiv und selbstkritisch zu behandeln. Als eben examinierter Psychoanalytiker, der früher auch verhaltens- und gestalttherapeutisch gearbeitet hat, kenne ich die Gutachtenthematik aus Erstattungszeiten und jetzt aus dem ehemaligen Beauftragungs- (Delegations-) Verfahren. Mich ärgert die Arroganz mancher Psychoanalytiker, wie sie auch in der Stellungnahme des Herrn Gerlach namens der DGPT hier zum Ausdruck kommt. Da schreibt er zum Schluß:   "Eine Abschaffung (des Gutachterverfahrens) dagegen würde bedeuten, daß die international führende hohe Qualität der psychotherapeutischen Versorgung in Deutschland den Interessen der neu hinzugekommenen Therapeuten geopfert würde." .Das ist ein böser berufs- und fachrichtungspolitisch motivierter Satz, als hätten die Richtlinienverbände die Qualität gepachtet, und schürt die Grabenkämpfe zwischen Ärzten (Herr Gerlach ist ja auch Arzt) und Psychologen. Dann schreibt er für die DGPT: "Ein großer Teil wurde vermutlich zur Beratung von Lebensproblemen investiert, die nicht eigentlich als Krankheit angesehen werden können." Er schreibt "vermutlich"; aber woher weiß er das und wo sind die Belege ? Oder der Satz von Gerlach: "Im Rahmen des Psychotherapeutengesetzes sind diese unzureichend qualifizierten Psychologen aus Gründen der Besitzstandswahrung zu regulären Psychologischen Psychotherapeuten gemacht worden, wenn sie eine bestimmte Anzahl von Kostenübernahmen in der Erstattungspsychotherapie und/oder Teilnahme an einer Nachqualifikation (ohne Abschlußprüfung) nachweisen konnten." Hier wäre die Literatur heranzuziehen, die nachzuweisen versucht, daß Psychoanalytiker schlechte Psychotherapeuten sind, schon deshalb, weil sie zum "Kupfer" der Psychotherapie aus dem Blickwinkel ihres "reinen Gold"-Narzißmusses ein ambivalentes Verhältnis haben und schon die tiefenpsychologisch fundierte Psychotherapie in den DGPT-Ausbildungsstätten in´s Nebenzimmer abgeschoben und in nur wenigen Seminaren wenig erfahrener Dozenten vermittelt wird.

Man erinnere sich auch daran, wie einfach vor allem in DPV-Instituten der Zusatztitel Psychotherapie zum Abrechnen tiefenpsychologischer Leistungen zu erwerben war, damit die Weiterbildungsteilnehmer die teure Analyseausbildung bezahlen konnten.

Ich will einhalten und will die DGPT-Polemik nicht durch eine Gegenpolemik anheizen. Dieser einfältige Krieg nützt niemandem und verhindert die Geschlossenheit, die Psychoanalytiker und Psychotherapeuten, ob Ärzte oder Psychologen, ob ehemalige AGR´ler oder Kostenerstattler zeigen müßten, um gegenüber Krankenkassen, KVen mit ihren psychotherapiefeindlichen Fachgruppen und Gesundheitspolitikern bestehen zu können. Jedes Mißtrauen und jedes Verächtlichmachen unter uns Psychotherapeuten macht uns gegenüber den Somatikern lächerlich und verzögert den Weg zu einer akzeptablen Honorargerechtigkeit und zur nötigen berufspolitischen und existentiellen Entspannung, die wir brauchen, um endlich Zeit für eine gute und immer besser werdende psychotherapeutische Arbeit in unseren Praxen zu haben. Schade, von der DGPT, in der ich Mitglied werden will, hätte ich Differenzierteres erwartet.

Fritz Karwendel

 

ZURÜCK ZUM BERICHT VOM 31.8.2000 ÜBER DIE DISKUSSIONSVERANSTALTUNG IN KÖLN

Zur Diskussion des Themas in der Deutschen Gesellschaft für Verhaltenstherapie

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