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Wo krieg´ ich nur die Mäuse her ?


Für unseren Kater Felix können Sie getrost alle Beteiligten einsetzen, die sich um die Mäuse, sprich: Finanzierung der Psychotherapie und der Psychotherapeuten in der gesetzlichen Krankenversicherung, sorgen. Wir bringen hier ein Potpourri der verschiedenen Mäusekonzerte nach dem inzwischen vorläufig abgeblasenen Katz- und Mausspiel des Bewertungsausschusses in der KBV:



4.2.2000/ Berliner Blätter für Psychoanalyse und Psychotherapie:

Nach neuen Meldungen hat der beratende Fachausschuss für Psychotherapie in der KBV beschlossen (entgegen den Versuchen im Bewertungsausschuss das BSG-Urteil zu unterlaufen), daß die gutachterpflichtigen Leistungen für Psychotherapie mit den vom BSG geforderten DM 145,00 zu vergüten seien. Welche Wirksamkeit diesem Beschluss zukommen wird, muss man abwarten. Nach einem noch unveröffentlichten, aber bereits kursierenden Rechtsgutachten der KBV ist zu erwarten, dass die starken Kräfte in der KBV alles versuchen werden, das Urteil des Bundessozialgerichts (BSG) zu unterlaufen (siehe auch nachfolgender Brief !) und es würde erneut ein Katz- und Mausspiel in Gang gebracht, wie es die KBV schon einmal mit dem sogenannten Schirmerpapier versuchte, mit dem rechtswidrig willkürliche Auslegungen des Psychotherapeutengesetzes probiert wurden, die von den betroffenen Psychotherapeutinnen und Psychotherapeuten in den meisten Fällen nur als Schikane erlebt werden konnten.


Mit freundlicher Genehmigung der Verfasserin dieses Briefes

An den Justizminister
des Landes Baden-Württemberg
Herrn Prof. Dr. Ulrich Goll
Schillerplatz
70173 Stuttgart

 nachrichtlich an:
Das Bundessozialgericht
die Bundesjustizministerin
Die Vorsitzenden der Fraktionen des Landtags
von Baden-Württemberg
vvps
den 29.1.00

Sehr geehrter Herr Minister,

am 25. August 1999 erging in Sachen Honorierung psychotherapeutischer Leistungen nach über sechsjähriger Prozeßdauer das Urteil des Bundessozialgerichts (AZ B 6 KA 14/98 R). Wie viele meiner Kolleginnen und Kollegen war ich erleichtert über die Eindeutigkeitdes Urteils: Uns wurde als angemessene Honorierung zur Existenzsicherung ein Punktwert von 10 Pfennigen zugesprochen. Das sind 20 - 30%, teilweise sogar über 50% mehr als das, was uns die Kassenärztlichen Vereinigungen seit 1993 zugestanden haben. Durch die jahrelange massive Unterbezahlung sind viele meiner Kolleginnen und Kollegen in existentielle Schwierigkeiten geraten. Ausreichende Altersvorsorge usw. konnte und kann sich fast niemand von uns leisten.

Selbstverständlich gingen wir davon aus, daß die Kassenärztlichen Vereinigungen das Urteil zügig umsetzen, die fälligen Nachzahlungen leisten und künftig die uns durch richterlichen Beschluß zustehenden Honorare zahlen würde.

Weit gefehlt! Bei der gestrigen Mitgliederversammlung unseres Berufsverbandes vvps zeigte sich der Vorsitzende der KV Südbaden Dr. Dieter höchst amüsiert, als wir auf seine Frage: "Sie werden doch nicht erwartet haben, daß ich heute abend hier her gekommen bin, um Ihnen mitzuteilen, daß die KV Ihnen einen Punktwert von 10 Pfennigen zubilligt?" mit "Doch, genau das haben wir erwartet" antworteten.

Aber mehr noch: Wörtlich erklärte Dr. Dieter, die KV prüfe "ob die Grundlage, die das BSG festgelegt hat, so richtig ist". Er ließ keinerlei Zweifel daran, daß die KV gar nicht daran denke, das Urteil umzusetzen. Tenor: Dem Gericht habe bei seinem Urteil der richtige Durchblick gefehlt, weshalb es von falschen Voraussetzungen ausgegangen sei. Es sei daher Aufgabe der KV hier korrigierend tätig zu werden. Für den Fall, daß wir mit der Lösung, die uns die KV - irgendwann - anbiete, nicht einverstanden wären, müßten wir eben erneut prozessieren.

Dem Sozialministerium ist diese Haltung der KV Südbaden bekannt und der zuständige Minister hat - wie wir das schon seit Jahr und Tag kennen - am 19.1.00 ausdrücklich mitteilen lassen, daß er keine Veranlassung für die Wahrnehmung seiner Aufsichtspflicht gegenüber der KV sehe.

Ich frage Sie als den für Recht zuständigen Minister:

  • Sind in diesem unserem Lande die Sitten nun schon so verludert, daß nicht nur hochrangige Politiker ihre eigenen Maßstäbe über Recht und Gesetz stellen, sondern daß sich staatliche Institutionen - nämlich die KV’s als Körperschaften des öffentlichen Rechts und die Ministerien als Aufsichtsbehörden - folgenlos einen Dreck um höchstrichterliche Urteile scheren dürfen?

  • Seit wann ist es denn in das Belieben einer der streitenden Parteien gestellt, mit Hinweis auf die unzulängliche Kompetenz des Gerichts ein letztinstanzliches Urteil zu modifizieren?

  • Ich möchte wissen, was mir passieren würde, oder besser gesagt, ich weiß genau was mir passieren würde, wenn ich mit Hinweis auf meiner Ansicht nach falsche Berechnungsgrundlagen für Müllabfuhr oder Steuer lediglich den Betrag abführen würde, der mir passend erscheint! Es drängt sich die Frage auf, ob für staatliche Organe andere Maßstäbe als für Bürgerinnen und Bürger gelten, weil sie am längeren Hebel sitzen.

  • Was hat das für Konsequenzen für den Rechtsfrieden, wenn eine Institution mit hoheitlichen Funktionen mit Billigung des Ministers signalisiert "Falls ihr verliert, habt ihr euch selbstverständlich an den Richterspruch zu halten. Dafür werden wir schon sorgen. Falls wir verlieren, könnt ihr euch das Urteil übers Sofa hängen. Aber wir halten uns an nichts, ihr könnt klagen, bis ihr schwarz werdet."?

Frank und frei stellt Dr. Dieter fest, die KV Südbaden habe keinerlei Rücklagen für den Fall einer Prozeßniederlage gebildet. Das Sozialministerium als Aufsichtsbehörde sah darin offensichtlich während der gesamten Prozeßdauer keinen Anlaß zur Intervention. Dies läßt m.E. nur zwei Schlüsse zu: Entweder man kann bei einer Körperschaft des öffentlichen Rechts mit Billigung des Ministers grob fahrlässig eine mögliche finanzielle Schieflage in Kauf nehmen oder man ist sich sicher, daß Rücklagen nicht nötig sind, weil Gerichtsurteile den Wert unverbindlicher Preisempfehlungen haben.

Sehr geehrter Herr Minister, ich habe inzwischen genügend Briefe in Sachen Psychotherapeutenhonorar von Ministerien, KV’s, und Krankenkassen bekommen, in denen ich über die Zuständigkeiten "belehrt" wurde. Merkwürdigerweise befanden sich Zuständigkeit und Verantwortlichkeit gerade immer irgendwo anders als bei dem, der mich "belehrte". Ich erlebe das als ein Kartell der Verantwortungslosigkeit und als organisierte Rechtsverweigerung.

Ich lege keinerlei Wert darauf, einen vergleichbaren Brief von Ihnen zu bekommen. Ich will von Ihnen nicht hören, warum Sie nichts tun können, sondern ich möchte von Ihnen wissen, was Sie in dieser Angelegenheit tun. Daß formal Ihr Kollege vom Sozialministerium zuständig ist, ist mir bekannt. Wenn dieser aber seiner Pflicht nicht nachkommt, erwarte ich insbesondere vom Justizminister, daß er gemäß seinem Amtseid Verantwortung übernimmt und jeden möglichen Beitrag zur Durchsetzung des Rechtes leistet. Das Versprechen "Gerechtigkeit zu üben gegen jedermann" wurde nicht mit dem Zusatz geleistet "was mein Kollege vom andern Ressort tut, geht mich nichts an." Sie haften gesamtschuldnerisch.

Was ich von den Verantwortlichen in Staat und Politik zu jeder Zeit erwarte und was eigentlich eine Selbstverständlichkeit sein sollte, gewinnt im Moment noch eine besondere Bedeutung: Dem fassungslosen Volk werden täglich neue Fakten zugemutet über die Legal-Illegal-Scheißegal-Mentalität von Politikerinnen und Politikern. Schadensbegrenzung und Wiedergutmachung kann nur durch einen besonders engagierten Einsatz für Recht und Gesetz geschehen. Politiker, die glauben, mit Aussitzen und ein paar beschwichtigenden Worten sei die Sache getan, brauchen sich nicht zu wundern, wenn sie mit ihren straffällig gewordenen Kolleginnen und Kollegen in einen Topf geworfen werden.

Mit freundlichem Gruß

Dipl.-Psych. Ursula Neumann
Oberkirch-Bottenau
e-mail: NeumJU@t-online. de



MFJFG NRW


Gesundheitsministerin Birgit Fischer

Düsseldorf, 02.02.2000


Gesundheitsministerin Birgit Fischer: Unzureichende Psychotherapeutenvergütung - die Selbstverwaltung muss endlich handeln!

Zu den Forderungen der Psychotherapeutinnen und Psychotherapeuten auf ihrer Demonstration vor dem Düsseldorfer Landtag am Mittwoch (2.2.2000) erklärt das Ministerium für Frauen, Jugend, Familie und Gesundheit:

Das Gesundheitsministerium hält die derzeit in der Psychotherapie in Nordrhein-Westfalen gezahlten Honorare von rd. 41,- DM pro Therapiestunde - in Übereinstimmung mit den Demonstrantinnen und Demonstranten - für unzureichend.

Die Behauptung der Demonstranten, verantwortlich für diese Honorarmisere sei wesentlich das Psychotherapeutengesetz, stellt allerdings die Tatsachen auf den Kopf. Das am 1.1.1999 nach langjährigen politischen Auseinandersetzungen mit nachdrücklicher Hilfe Nordrhein-Westfalens in Kraft getretene Psychotherapeutengesetz hat in Wahrheit erst die Voraussetzungen zur eigenverantwortlichen Berufsausübung für Psychotherapeutinnen und Psychotherapeuten als anerkannten neuen Heilberuf geschaffen. Um den Psychotherapeutinnen und Psychotherapeuten in der Versorgung der gesetzlich Krankenversicherten ein eigenes Honorarvolumen zu garantieren, hat das Gesetz gleichzeitig ein Sonderbudget für Psychotherapeutinnen und Psychotherapeuten eingeführt.

Nach dem Gesetz ist es Aufgabe der Selbstverwaltung von Krankenkassen und Kassenärztlichen Vereinigungen, das Psychotherapeutenbudget für 1999 vertraglich zu vereinbaren.

Das Gesundheitsministerium bedauert, dass es bisher (mit einer Ausnahme) weder in Nordrhein noch in Westfalen-Lippe zu entsprechenden Vereinbarungen zwischen den Krankenkassen und den Kassenärztlichen Vereinigungen Nordrhein bzw. Westfalen-Lippe gekommen ist.

Die Forderung der Demonstranten, das Land möge sie "nicht im Regen stehen lassen" und sich dafür einsetzen, dass unbedingt notwendige Korrekturen rasch in die Wege geleitet werden, um ein zu knapp berechnetes Psychotherapiebudet aufzustocken, verwechselt deshalb den Adressaten. Notwendig ist, dass die Selbstverwaltung ihre Hausaufgaben macht und endlich die Psychotherapiebudgets vereinbart.

Das Gesundheitsministerium in seiner Aufsichtsfunktion hat deshalb die Vertragsparteien aufgefordert, spätestens bis Ende Februar Vereinbarungen zu treffen. Handelt die Selbstverwaltung auch jetzt nicht, wird das Gesundheitsministerium von seiner gesetzlichen Möglichkeit Gebrauch machen und von sich aus das Schiedsamt zur Entscheidung anrufen. Verträge sind zwingend erforderlich, da erst auf ihrer Grundlage das endgültige Vergütungsvolumen für die psychotherapeutischen Leistungen für das Jahr 1999 festgestellt werden kann. Erst dann können auch zur Sicherstellung der psychotherapeutischen Versorgung notwendige finanzielle Stützungsmaßnahmen vereinbart werden.


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